Gunter Schmidt

Gunter Schmidt

Laudatio zur Ausstellung von Kurt Grimm & LONS im Kunstverein Ansbach

Es war eine Ausstellung beim Kunstverein Tauberbischofsheim, wo die beiden hier ausstellenden Künstler zum ersten Mal zusammen trafen. Sie hatten einander nicht gesucht, dann aber schnell gefunden. Es war eine arrangierte Zweisamkeit für die Dauer einer Ausstellung, bei der wir hofften, die Kunst des zweidimensional Arbeitenden und die Kunst des Dreidimensionalen mögen einander günstig ergänzen. Nun ist aus der Zufallshochzeit vom Oktober 2005 eine Künstlerfreundschaft mit Bestand geworden.

Kurt Grimm, Bildhauer in Holz, Stein und Metall, Steinmetz, Schnee-Skulpteur, BBK-Aktiver und als Kursleiter absoluter Geduldsmensch fand:

LONS, Maler, Grafikdesigner, Künstler und Lebenskünstler zwecks gemeinsamer Ausstellungstätigkeit.

Es ist dies das dritte gemeinsame Projekt. Und wie jeder sehen kann, ist die Zusammenstellung der Arbeiten in diesem sehr schönen Ausstellungsambiente des Kunsthauses Reitbahn 3 eine gelungene, ästhetisch inspirierende Angelegenheit.

LONS liebt das serielle Arbeiten mit Kleinformaten. Er erzählt Geschichten, arbeitet mit Metaphers, überbringt semiotische Botschaften – die vom Betrachter zu interpretieren sind. Die malerische Oberfläche, in die er seine „Männlein“ ritzt, seine Tierchen und Stierchen und Zeichen, spielt eine wichtige Rolle. Sie ist Teil der Inszenierung.

Kurt Grimm kann nicht anders als ins Monumentale zu gehen, als zwangsläufige Konsequenz des Arbeitens in der dritten Dimension. Da wird es körperlich, da geht es physisch zu! Und selbst die kleinformatigen Skulpturen entfalten einen gewissen Grad an Monumentalität aufgrund der ausschwingenden Formen, die sich freilich allesamt elegant zurückkrümmen und ein trickreiches Wechselspiel von Schlingen, Schleifen und Bögen bilden. Bei aller Monumentalität wirken seine Arbeiten immer spielerisch und leicht und sie entwickeln ihre ganz eigene Ästhetik.

Apropos Ästhetik: Da kann auch LONS mitreden. Das er ein Ästhet ist, erweist sich nicht nur durch die Bilder allein, sondern auch durch die Art, wie er mit seinen Arbeiten umgeht:

Erstens die konsequente Beihaltung des immer gleichen Formates in serieller Reihung. 

Zweitens die Beschaffenheit des Bildträgers, der keinerlei Rahmung notwendig hat. Es handelt sich um Schichtholz, ein traditionell eher kunstfernes Material, das aber durchaus seine Berechtigung hat, wenn man weiss, wie er arbeitet, wie er das Material bearbeitet, traktiert und es so künstlerisch erhöht.

Drittens die sensible Farbregie in verwandten und wohl-akzentuierten Kontrasten.

Viertens die oberflächenbetonte Malweise, bei der die Motive in den teils feuchten, teils knochenharten, mit Sand und anderen Füllstoffen angereicherten Malgrund gezeichnet, geritzt, geschabt oder gepresst werden – um danach wieder übermalt zu werden. Ein Vorgang, der sich häufig wiederholen kann; oft werden Bilder sogar nach Monaten oder Jahren erneut herangenommen und auf diese Weise be- und überarbeitet. Auf der Rückseite dokumentiert der Künstler jeden Arbeitsgang.

Fünftens die Motive selbst, die sich dem erschließen, der bereit ist sie unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. 

Wie ich zu Beginn schon andeutete, kommen Tierlein vor und Stierlein. Auch Männlein und Weiblein interagieren miteinander. Was sie genau tun, wird nie ganz deutlich, sie schweben abseits perspektivischer Bildordnung frei im Raum, agieren in einer Welt, die auf moderne Art an archaische Höhlenmalerei erinnert. Und auch die Titel tragen sinnfälligen Wortlaut: „Kleine Jagdgeschichte“, „Jagd-Lexikon“, „Kratzzeichen“, „Jäger und Sammler“ oder gar „Kurzflorige Kampfschafe unter der Aufsicht eines Gottes auf prähistorischer Weide“. Das ist kein Bildtitel mehr, das ist allein schon eine Geschichte. 

Der Künstler bietet uns sein reichhaltiges Material phantasiereich dar in seiner wahren, oft ambivalenten Natur. Mal witzig-frech, mal witzig-erotisch und meistens ein bisschen enigmatisch verrätzelt. Und er überlässt die Interpretation ganz bewusst dem Betrachter.

Paul Klee hat in der Moderne damit angefangen, Zeichen zu erfinden, Zeichen zu nutzen als poetische Chiffren. Was dabei heraus kommt, ist gemalte Poesie. Das ist in gewisser Weise auch LONS` Anliegen. Und er schöpft aus einem Reservoir grenzenloser Phantasie, die in seinen Gemälden stilisierte Form gewinnt.

Für poetisch in dem geschilderten Sinne halte ich nicht nur jene Motive mit den gegenständlichen Anklängen, den Jagdszenen, sondern auch die Bilder, die z.B. Motive wie das Kreuz oder andere archaische Zeichen enthalten. Da geht es einerseits um das pure Zeichen an sich, um Signale, die in ihrer grafischen Form zu einem ästhetischen Phänomen werden, um Botschaften, die keine wirkliche Entschlüsselung erheischen. Es geht aber auch Symbole, die in unserer Welt für etwas ganz Bestimmtes stehen. Aber das kann man auch ganz anders sehen.

LONS legt sich nicht fest. Er spielt mit damit und überlässt es dem Betrachten seine eigenen Gedanken zu entwickeln. Besonders schön zeigt sich das z.B. in der Bildserie „Die Mätresse des Bischofs“, ein Titel, der an einen Roman von Eckehard Henscheid angelehnt ist. Nur wer das Buch kennt, versteht den Witz.

Wenn wir zu Beginn nach stilistischen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Künstlern suchten, so liegt es wohl in deren beider Interesse, die Dingwelt zu chiffrieren. 

Kurt Grimm, aufgewachsen in einer bekannten fränkischen Bildhauerfamilie, vertraut mit solidem Steinmetzhandwerk, inspiriert durch den ebenfalls künstlerisch tätigen Vater, Kurt Grimm pflegt die geometrische Abstraktion.

LONS, durch die Tätigkeit in seiner Heidelberger Agentur an die Akkuratesse des Computers gebunden und von mathematischen Proportionsgeboten gebeutelt, pflegt eine phantastische Abstraktion, wenn ich das abseits der gängigen Terminologie mal so sagen darf.

Beide sind sowohl freundschaftlich verbunden als auch als individuelle Künstler mit starker Ausdruckskraft und genuiner schöpferischer Eigenart. Es lohnt sich, die hier ausgestellten Arbeiten in Ruhe zu betrachten, zu entdecken und die Ästhetik der Werke auf sich wirken zu lassen. Vielleicht noch der kleine Hinweis zum Schluss: Sie können das eine oder andere Stück gerne auch mit nach Hause nehmen, wenn Sie einen kleinen Oblulus entrichten. Er dient einem guten Zweck, nämlich die Kunst zu fördern, damit wir auch weiterhin so schöne Ausstellungen hier in der Reitbahn haben werden.

Ich wünsche den Künstlern viel Erfolg, den Besuchern viel Freude und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Geduld.